Corona: Deutschland braucht mehr Impfstoff. Die Regierung versagt, weil sie glaubt, der Markt würde das hinbekommen. Der Staat sollte dringend eingreifen – whatever it takes!
Der Impfstoff wurde lang herbeigesehnt: Er scheint der aussichtsreichste Weg aus der Pandemie. Dafür braucht es so schnell wie möglich so viel Impfstoff wie möglich. Und zwar idealerweise nicht nur in Deutschland, sondern am besten auf der ganzen Welt. Denn eine Pandemie wird nicht von Ländergrenzen gestoppt.
Während Bundesgesundheitsminister Jens Spahn auf den Markt vertraut und auf größere Lieferungen im Februar wartet, hat der neue US-Präsident Joe Biden den Defence Production Act erlassen und investiert gleich 20 Milliarden US-Dollar in Testkapazitäten, Logistik und Produktion von Vorprodukten für den Impfstoff. Sein Ziel: 100 Millionen Leute in seinen ersten 100 Tagen impfen!
Warum wird es der Markt nicht regeln?
Nun, die privatwirtschaftlichen Akteure, Biontech, Moderena und auch deren Zulieferfirmen, handeln nach betriebswirtschaftlicher Logik. Das ist ihnen auch nicht vorzuwerfen. Diese betriebswirtschaftliche Logik bedeutet aber, dass eine kurzfristige und massive Ausweitung der Kapazitäten mit zu großem Risiko behaftet ist und sich daher nicht rechnet. Wenn sich andere Impfstoffe durchsetzen oder der Impfschutz lange anhält, dann werden größere Produktionsanlagen langfristig gar nicht gebraucht. Ebenso erzeugt ein größeres Angebot Druck auf die Preise. Beides belastet das betriebswirtschaftliche Ziel der Profitmaximierung. Hier besteht ein Interessenskonflikt zwischen Profitorientierung und Gemeinwohl.
Die Kosten des Wartens sind enorm – aus gesundheitlichen, virologischen und wirtschaftlichen Gründen. Zum einen sind da die gesundheitlich Betroffenen, die leiden. Zum anderen die Gefahr, dass das Virus weiter mutiert. Und zuletzt die wirtschaftlichen Auswirkungen des Lockdowns, der Wohlstand kostet und soziale Härten produziert. Angesichts dessen wäre das Gebot der Stunde, dass die Politik alles daran setzt, alle Ressourcen mobilisiert, um mehr Impfstoffproduktion zu ermöglichen. Wenn die Pandemie ein Kriegszustand wäre, würde der Staat nicht die Hände in den Schoß legen und auf Munitionslieferungen warten. Um in der Metapher zu bleiben: Industriepolitisch sollte der Staat in den Kriegsmodus schalten. Das kann heißen, Patente zu übernehmen, per Lizenz an andere Firmen zu übergeben, eigene Produktion aufzubauen und in die Preisbildung einzugreifen. […]
Autor: Maurice Höfgen, Dana Moriße
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