Selten wurde so viel über Staatsfinanzen diskutiert wie in den letzten Monaten. Einem nachhaltigen Paradigmenwechsel in Sachen Finanzpolitik steht vor allem eine Versachlichung der Debatte um Staatsverschuldung im Weg. Daher der Versuch einer Klarstellung: Der Bund hat kein Finanzierungsproblem, sondern spielt unter dysfunktionalen politischen Regeln ― die er sich selbst auferlegt hat.
Die Corona-Krise führt zum schwersten Wirtschaftsschock seit Jahrzehnten. Die Krise hat die fiskalische Kleingeistigkeit, die sowohl unter CDU- als auch unter SPD-Führung des Finanzministeriums betrieben und von tugendhaften Appellen an das „solide Haushalten“ legitimiert wurde, erschüttert. Um die Wirtschaft vor einem noch größeren Kollaps zu bewahren, hat der Bund richtigerweise mit Steuererleichterungen und zusätzlichen Ausgaben fiskalisch gegengesteuert. Selbst denen, die sonst immer fiskalkonservative Positionen vertreten, war offenbar bewusst, dass mit schwarzer-Null-Mentalität in die Krise zu sparen, die Lage nur verschärft hätte. Eine Verweigerung von Gegenmaßnahmen hätte unweigerlich das Ende von noch mehr Unternehmen und noch höhere Jobverluste für die Menschen bedeutet. Unter diesem Druck zeigten sich plötzlich sogar die Akteure handlungsbereit, die bis dato jeden Taschenspielertrick in ihrem erbitterten Kampf gegen eine Ausweitung der Staatsausgaben genutzt hatten. […]
[Autor: Maurice Höfgen, Dana Moriße]
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