Die Diskussionen zur Wiederbelebung der Wirtschaft im Einklang mit den pandemiekonformen Lockerungen laufen auf allen Ebenen auf Hochtouren. Da viele Unternehmen von der Corona-Krise hart getroffen wurden und ein großes Maß an Unsicherheit besteht, bedarf es für den Neustart staatlicher Impulse. Angesichts der Tiefe der Rezession und der anstehenden Herausforderungen der Klimakrise erscheint eine Jobgarantie als jene Reform, die die notwendigen fiskalischen Impulse zur Ankurbelung der Wirtschaft liefern, unfreiwillige Arbeitslosigkeit schnellstmöglich abbauen und die ökologische Wende unterstützen kann.
Arbeitslosigkeit als makroökonomisches Problem
Spätestens seit den 1980er-Jahren hat sich das ökonomische Paradigma grundlegend gewandelt. Das betrifft auch und vor allem den Bereich der Beschäftigung. Die Verantwortung für Vollbeschäftigung wird seitdem nicht mehr länger beim Staat, sondern auf individueller Ebene verortet und als Ausdruck mangelnder individueller Wettbewerbsfähigkeit deklariert. Die Corona-Krise, die die Wirtschaft in vielen Teilen stillgelegt und Arbeitssuchenden jede Aussicht auf Anstellung genommen hat, sollte endgültig aufgedeckt haben, dass diese Ansicht argumentativ nicht haltbar und für die Lebensschicksale vieler Menschen gar unverantwortlich ist.
Unfreiwillige Arbeitslosigkeit ist allen voran ein makroökonomisches Problem, das als Evidenz für eine unzureichende gesamtwirtschaftliche Nachfrage gesehen werden kann. Wie weit die neoliberale Ansicht von der ökonomischen Realität entfernt ist, zeigt wahrscheinlich kein anderes Beispiel besser als die Lohnkürzungen zwischen 2010 und 2012 in Griechenland. Dort wurden im Zuge der Krise die Löhne auf breiter Front in Höhe von 20 Prozent gekürzt, um – gemäß neoliberalem Verständnis – die individuelle Wettbewerbsfähigkeit der ArbeitnehmerInnen zu stärken und so die Arbeitslosigkeit zu senken. Die Krux: Wenn die Einkommen um 20 Prozent gesenkt werden, werden die Personen zu Ausgabenkürzungen in Höhe von 20 Prozent gezwungen und die Unternehmen machen entsprechend weniger Umsatz. Bei weniger Umsatz benötigen die Unternehmen allerdings wenigerund nicht mehr Personal, sodass es in der Folge zu Entlassungen kam und die Arbeitslosenquote in Griechenland von 11 Prozent (Q1 2010) auf 28 Prozent (Q3 2013) in die Höhe schoss. Die Lehre: Um unfreiwillige Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, braucht es eine höhere Nachfrage. Hier ist die Wirtschaftspolitik des Staates gefordert. […]
Autor: Maurice Höfgen, Dirk Ehnts