Auch hier liefert die MMT einen neuen Blickwinkel. Weg von der finanziellen und hin zur realen Ebene. Bisher werden Exportüberschüsse als Ausdruck guter Wirtschaftspolitik gesehen. Aber: Wenn wir uns den materiellen Wohlstand eines Landes als einen Stapel von Waren und Dienstleistungen vorstellen, dann besteht dieser Stapel aus allem, was im Inland produziert wird, plus allem, was aus dem Ausland importiert wird, minus allem, was in das Ausland exportiert wird.
Materieller Wohlstand = inländische Produktion + Importe – Exporte
Exporte machen den materiellen Stapel kleiner, Importe machen den Stapel größer. Ein Importüberschuss, also die Situation, in der die Importe größer als die Exporte sind, vergrößert daher netto den materiellen Wohlstand eines Landes. Umgekehrt reduziert ein Exportüberschuss den materiellen Wohlstand eines Landes. Das übliche Argument für einen Exportüberschuss ist, dass damit zusätzliche Jobs und Beschäftigung im Inland geschaffen werden. Wenn doch der originäre Zweck des Wirtschaftens ist, die Produkte und Dienstleistungen herzustellen, die wir als Gesellschaft konsumieren möchten, dann erscheint es irrational, Arbeit und Energie in die Produktion zu stecken, die letztlich exportiert wird und für die es gegenwärtig keinen Rückfluss an Gütern oder Dienstleistungen gibt. Der ultimative Zweck von Exporten, aus rein ökonomischer Perspektive, ist die Beschaffung von Importen. Ein Land vergrößert seinen Reichtum, wenn es für seine Exporte mehr Importe erhält – also das Austauschverhältnis realer Güter verbessert (»real terms of trade«). Ein Exportüberschuss verschlechtert das Austauschverhältnis dadurch, dass – per saldo – nicht Güter gegen Güter, sondern Güter gegen Geld getauscht werden. In diesem Prozess häuft das Exportland die Währungsdevisen des Importlandes an. Das Anhäufen von Fremdwährungsdevisen vergrößert aber nicht den materiellen Wohlstand, es sei denn, die angehäuften Fremdwährungsdevisen werden ausgegeben, um Importe zu kaufen, womit wir wieder beim originären Zweck der Exporte, nämlich der Beschaffung von Importen, wären. Was in diesem Kontext auch oftmals missachtet wird, ist der logische Zusammenhang, dass die Exporte des einen Landes den Importen eines anderen Landes entsprechen. Die Handelsbilanz der Welt, solange wir keine Geschäftsbeziehungen mit anderen Planeten unterhalten, ist also immer ausgeglichen. Nicht jedes Land kann Netto-Exporteur und nicht jedes Land kann Netto-Importeur werden.
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