Hier gibt es kurze Antworten auf häufig gestellte Fragen. Das FAQ hat nicht den Anspruch vollständig oder perfekt zu sein, sondern dient als erster Orientierungspunkt. In den Antworten wird auf weitere Literatur verwiesen. Ich werde es laufend ergänzen.
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Meistens scheitern progressive Reformen an der Frage, wie sie finanziert werden sollen. Wer das Geldsystem verstanden hat, der hat es hier leichter. Die Einsichten der MMT lassen außerdem wirtschaftspolitische Schlussfolgerungen zu, die anderen ökonomischen Denkschulen verwehrt bleiben, weil sie etwa für nicht „finanzierbar“ gehalten werden oder bei Steuerreformen nur an die “Einnahmen für die Staatskasse” denken. Siehe auch: https://modernmonetarytheory.de/mmt-baustoff-fuer-paradigmenwechsel
Warren Mosler, Randall Wray, William Mitchell und Mathew Forstater. Die MMT steht zudem intellektuell auf den Schultern von Georg Friedrich Knapp, Mitchell Innes, Michal Kalecki, John Maynard Keynes, Abba Lerner, Hyman Minsky, Wynne Godley und einigen weiteren.
Der analytische Ausgangspunkt: die Funktionsweise des Geldsystems. Was ist Geld, wie entsteht es und wer schöpft es? Die Funktionsweise des Geldsystems kann empirisch beobachtet und beschrieben werden. MMT nutzt die Logik der doppelten Buchführung und Bilanzierung, um die Funktionsweise zu beschreiben. Außerdem ist die MMT die einzige Denkschule, die die Bedeutung des staatlichen Währungsmonopols sowie die Reihenfolge von Staatsausgaben und Steuereinnahmen in ihrem theoretischen Fundament berücksichtigt.
Geld ist nicht knapp, natürliche Ressourcen schon. Alles, was wir umsetzen können, können wir auch finanzieren. Die staatliche Währung ist ein Monopol. Der Staat gibt erst Geld aus, bevor Bürger Steuern zahlen und Banken Staatsanleihen kaufen können. Nur diese Sequenz ist richtig – es gibt kein „Steuerzahlergeld”. Ein souveräner Staat, der seine eigene Währung herausgibt, kann niemals in eigener Währung pleitegehen, kann immer seine fälligen Rechnung bezahlen und alles kaufen, was in eigener Währung zum Verkauf steht. Die Ausgabefähigkeit eines souveränen Staates mit eigener Währung ist nicht durch die Höhe an Steuereinnahmen eingeschränkt.
Gar nicht. Die MMT ist eine analytische Linse und kein Regime.
Nein. Die MMT ist weder links noch rechts. Die MMT ist als Linse zu verstehen, die die Funktionsweise des heutigen Geldsystem und die monetären Zusammenhänge moderner Volkswirtschaften beschreibt. Darauf baut die MMT eine makroökonomische Theorie zur Erklärung ökonomischer Phänomene wie Arbeitslosigkeit oder Inflation. Die MMT an sich ist aber kein politisches Regime, das „angewendet“ oder „umgesetzt“ werden kann. Die Einsichten der MMT können aber mit politischen Überzeugungen kombiniert werden und führen dann zu wirtschaftspolitischen Schlussfolgerungen.
Weder noch. Die MMT ist eine analytische Linse, die uns das Geldsystem und makroökonomische Zusammenhänge besser erkennen lässt. Sie ist kein politisches Regime.
Ja. Dafür kann die MMT aber nichts. Sie ist eine Linse, die Einsichten liefert, kein politisches Regime.
Nein. MMT ist die analytische Linse, die uns die Grenzen der wirtschaftspolitischen Handlungsmacht des Staates aufzeigt, und kein eigenes Reformpaket. Allerdings zeigt ein Blick durch die Brille der MMT, dass wir in Deutschland und Europa jahrelang zu wenig Geld ausgegeben haben. Das sieht man an der Arbeitslosigkeit, der unter-ausgelasteten Wirtschaft und dem Investitionsstau.
Siehe dazu auch diesen Artikel.
Ein Währungsherausgeber kann in eigener Währung niemals zahlungsunfähig werden und kann jederzeit alle fälligen Rechnungen, die in eigener Währung lauten, begleichen. Anders verhält es sich bei den Nutzern einer Währung. Denn Währungsnutzer, wie Du und ich oder Haushalte, Unternehmen und Gebietskörperschaften, müssen sehr wohl erst Einkommen generieren oder Kredite aufnehmen, um Ausgaben tätigen zu können. Im Gegensatz zu einem Privathaushalt sind die Ausgaben eines Währungsherausgebers also nicht durch Einnahmen begrenzt.
Ein Staat mit eigener Währung kann sich LOGISCH nicht über Steuern finanzieren. Als Könige noch Münzen prägten, ausgaben und ihre eigenen Münzen als Steuereinnahmen einsammelten, war die Antwort auf die Henne-Ei-Frage, ob Steuern oder Staatsausgaben zuerst kommen, offensichtlich. Da war klar, dass der König für die Tätigung seiner Ausgaben nicht auf Steuereinnahmen angewiesen war. Erst nachdem er die Währung ausgegeben hatte, waren die Nutzer der Währung in der Lage damit ihre Steuern zu zahlen. Die MMT zeigt auf, dass unser heutiges zweistufiges Geldsystem bestehend aus Geschäfts- und Zentralbanken zwar komplexer geworden ist, aber sich an der grundsätzlichen Logik nichts geändert hat. Der Währungsherausgeber muss weiterhin seine Währung erst durch Ausgaben oder Zentralbankkredite in den Umlauf bringen, bevor Währungsnutzer, z.B. Haushalte und Unternehmen, die Währung für Steuerzahlungen oder Staatsanleihenkäufe nutzen können. Mit Staatsausgaben wird neues Geld in den Wirtschaftskreislauf injiziert, mit Steuerzahlungen wird das Geld wieder herausgezogen. Wenn Ausgeben also vor Einnehmen kommt, dann können Steuerzahlungen und Verkäufe von Staatsanleihen logischerweise nicht notwendig sein, um Staatsausgaben zu tätigen.
Die Ausgaben eines Währungsherausgebers sind ökonomisch durch die verfügbaren realen Ressourcen, z.B. Arbeitskraft oder Rohstoffe, und politisch durch selbst auferlegte Spielregeln, z.B. Defizit- oder Schuldengrenzen, beschränkt. Dazu komm das Risiko der nachfrageseitigen Inflation. Das Risiko besteht, wenn die Gesamtausgaben aller Akteure ― Ausgaben des Staates, Konsum der Privathaushalte und Investitionen der Unternehmen ― die Produktionskapazität der Wirtschaft übersteigen. Wenn etwa alle Reinigungsfirmen voll ausgelastet sind, aber der Staat trotzdem noch Reinigungskräfte für ein neu gebautes Regierungsgebäude sucht, dann entsteht ein Wettbieten um knappe Ressourcen und treibt das Preisniveau nach oben. Das heißt: selbst wenn ein Staat mit eigener Währung theoretisch unbegrenzt viel Geld ausgeben kann, heißt es nicht, dass er das auch immer sollte. Dadurch wird ein gänzlich anderer Ansatz der Fiskalpolitik begründet. Anstatt willkürlicher nomineller Ausgabengrenzen lassen sich aus der MMT Vollbeschäftigung und ein niedriges Inflationsziel als relevante Ausgabengrenze ableiten. Die ökonomisch relevante Frage für die Umsetzung von Projekten ist also nicht „Wie sollen wir das bezahlen?“ sondern „Können wir die benötigten Ressourcen mobilisieren?“.
Steuern sind super wichtig, um die Wirtschaft zu steuern. Die wichtigsten vier Gründe sind:
- Steuern sorgen dafür, dass die Währungsnutzer die staatliche Währung nutzen und sind daher wichtig für die Akzeptanz der Währung. Das ermöglicht dem Staat Arbeitskraft, Güter und Dienstleistungen, die er von seiner Bevölkerung zur Erfüllung staatlicher Aufgaben braucht, mit seiner eigenen Währung zu kaufen.
- Steuern sind wichtig, um die Konjunktur zu steuern. Wenn Ausgaben das Gaspedal sind, dann sind Steuern das Bremspedal für den Staat. Sie reduzieren unsere Kaufkraft und damit die Nachfrage und setzten damit reale Ressourcen, z.B. Arbeitskraft, frei.
- Steuer sind ein wichtiges Werkzeug um Ungleichheit zu adressieren.
- Steuern beeinflussen das Konsumverhalten und helfen sozial-, gesundheits- oder umweltpolitische Ziele zu erreiche. Zum Beispiel Steuern auf Zigaretten oder Plastik.
Ein Währungsherausgeber braucht aber nicht die Einnahmen, um Ausgaben tätigen zu können. Ein Währungsnutzer natürlich schon.
Nein. Die Einsicht der MMT ist, dass die Art der Finanzierung – ob monetäre Staatsfinanzierung, indirekte Staatsfinanzierung, Druckerpresse, Münzprägung oder was auch immer – funktional egal für die Wirkung von Staatsausgaben ist.
Sieh auch: Mythos Geldknappheit, Kapitel 1 oder diesen Artikel.
Nein, MMT beschreibt nur das Geldsystem so wie es heute funktioniert. Früher haben Könige noch Münzen geprägt, um Ausgaben zu tätigen. Heute geht das alles auf Knopfdruck über die Zentralbank und ein paar Kontobewegungen.
Die Staatsschulden sind die buchhalterische Quittung über die staatlichen Defizite der Vergangenheit. Sie entsprechen all den Währungseinheiten, z.B. Euros, die der Staat ausgegeben, aber bisher noch nicht über Steuern wieder eingezogen hat. Sie verbleiben solange als Ersparnisse im Privatsektor, bis der Staat sie über Steuern wieder einzieht. Deshalb bezeichnet die MMT die Staatsschulden auch als ausstehende Steuergutscheine. Im Fall von Staatsanleihen kann man sogar von verzinsten Steuergutscheinen sprechen.
Der Finanzminister verkauft Staatsanleihen per Auktion an private Geschäftsbanken, die mit Zentralbankgeld bezahlen, das sie zu jeder Zeit von der EZB leihen können. Jeder Euro, den ein deutscher Finanzminister ausgibt, kommt also ursprünglich von der EZB. Es geht gar nicht anders.
Hier ist das genauer erklärt und mit einem Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages bestätigt.
Kommt drauf an, was damit gemeint ist. Natürlich bedient ein Staat seine Anleihen entsprechend der Laufzeiten. Die Praxis ist hier aber, dass die Anleihen überwälzt werden. Man verkauft neue Anleihen, um alte zu bedienen. Es ist unüblich, dass Staaten den Schuldenstand reduzieren. Dazu kommt natürlich: Ein Staat, der Staatsanleihen in eigener Währung verkauft, kann diese immer bedienen. Hier gibt es kein Ausfallrisiko. Für Anleihen in Fremdwährung hingegen schon.
Ja. Wenn man die Ausgaben erhöht, um Vollbeschäftigung zu erreichen und z.B. in Klimaschutz zu investieren, kann das zu einem Defizit führen. Dem Gemeinwohl wäre gedient. Man kann aber auch über Ausgabenkürzungen die Wirtschaft und damit die Steuereinnahmen abwürgen. Die Folge wäre auch ein staatliches Defizit, allerdings mit Arbeitslosigkeit und weniger Wohlstand. Dem Gemeinwohl wäre nicht gedient.
Zinsen sind für den Staat Ausgaben, die an die Halter von Staatsanleihen gehen. Ein souveräner Staat mit eigener Währung ist dadurch finanziell nicht eingeschränkt. Wie alle anderen Ausgaben, betreffen Zinsausgaben auch die Einkommens- und Vermögensverteilung der Gesellschaft und haben eine Wirkung auf die Konjunktur, da die Empfänger (vor allem Banken, Versicherungen, Pensionsfonds sowie die EZB, aber auch zu einem kleinen Teil private Vermögende) die Einnahmen wieder ausgeben und damit die Konjunktur beeinflussen. Für weniger souveräne Staaten können Zinsausgaben natürlich auch finanzielle Opportunitätskosten bedeuten.
Die Frage ergibt nicht wirklich Sinn. Denn eine MMT-informierte Wirtschaftspolitik würde die staatlichen Nettoausgaben nur erhöhen solange keine Vollbeschäftigung erreicht ist. Das staatliche Defizite ist dabei zudem eine ex-post-Variable. Der Staat legt seine Ausgaben und seine Steuergesetze fest. Je nachdem, wie gut die Wirtschaft dann läuft, sind die Steuereinnahmen höher oder niedriger. Erst am Ende einer Periode kann die Staatsbilanz festgestellt werden. Je mehr der Privatsektor spart, desto höher muss das staatliche Defizit sein, um einen Wirtschaftseinbruch zu verhindern. Es kommt also immer drauf an.
Die MMT liefert Einsichten über alle Währungsregime dieser Welt und gilt damit für jedes Land. Natürlich hat nicht jeder Staat den gleichen Handlungsspielraum. Deshalb kategorisiert die MMT Staaten entlang eines Spektrums nach ihrer monetären Souveränität ein. Je höher der Grad monetärer Souveränität eines Staates, desto größer der wirtschaftspolitische Handlungsspielraum. Klar ist dabei: Auch Währungsherausgeber können wirtschaftspolitisch ihre eigenen Hände in Ketten legen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Regierung eine feste Wechselkurs-Strategie verfolgt, also verspricht, ihre Währung zu einem bestimmten Kurs in eine Fremdwährung oder sogar in ein Edelmetall wie Gold umzutauschen. Während einer monetär souveränen Regierung zwar nicht das eigene Geld ausgehen kann, können ihr jedoch die Devisenreserven oder die jeweiligen Edelmetallvorräte ausgehen und sie zwingen, den Wechselkurs aufzugeben oder Fremdwährungsschulden nicht zu bedienen. Im Fall von Entwicklungsländern sind zudem schwach ausgebildete staatliche Institutionen ein Grund dafür, dass nur sehr eingeschränkt Steuern in eigener Währung erhoben und eingetrieben werden können. Dadurch sinkt die Nachfrage nach der staatlichen Währung und erschwert dem Staat, Ressourcen für die Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben mit der eigenen Währung zu mobilisieren. Der Grad an monetärer Souveränität eines Staates hängt dabei im Wesentlichen von vier Faktoren ab:
- der Staat gibt seine eigene Währung aus;
- der Staat ist in der Lage, Steuern in der eigenen Währung einzutreiben;
- der Staat geht keine Fremdwährungsverschuldung ein;
- der Staat gibt kein Versprechen ab, die eigene Währung zu einem fixen Wechselkurs in eine andere Währung oder bestimmte Edelmetalle zu tauschen.
Anhand dieser vier Kategorien lassen sich alle Länder dieser Welt in Sachen monetärer Souveränität einstufen. Der Vorwurf, die MMT wäre nur für die USA anwendbar oder für die Eurozone irrelevant, ist nicht haltbar.
Als Linse ja. Die Eurozone ist etwas kompliziert. Mit Eintritt in die Währungsunion haben die Euroländer ihre eigene Währung aufgegeben. Ihre nationalen Zentralbanken wurden zu Zweigestellen der EZB und bilden das sogenannte Eurosystem, das jetzt das Monopol über die Schöpfung von Euros hat. Die Euroländer haben damit formal den Status eines Währungsherausgebers aufgegeben und wurden zu Währungsnutzern. Dadurch haben sie ihren Grad an monetärer Souveränität herabgestuft.
Für die Eurozone als Ganzes besteht ein hoher Grad an Souveränität, für die einzelnen Mitgliedsländer jedoch nicht. Die Euroländer haben quasi den Status der US-Bundesländer angenommen. Für beide gelten recht strenge Fiskalregeln. Allerdings hat der amerikanische Zentralstaat die fiskalische Hoheit und genug Feuerkraft, um die Wirtschaft zu steuern. Genau das fehlt auf europäischer Ebene. Der Euro ist in der gegenwärtigen Ausgestaltung nur eine halbgare Lösung. Die Euroländer sind durch die Fiskalregeln begrenzt und es gibt keine Euro-Institution, die den dadurch begründeten Mangel an gesamtwirtschaftlicher Nachfrage kompensieren kann bzw. darf. Es wäre also nur konsequent, die Fiskalregeln zu lockern oder die fiskalische Kapazität auf höhere Ebene in einem Euro-Finanzministerium zu erweitern.
Die finanzpolitische Reaktion auf die Corona-Krise ist hier aber eine Blaupause. Krisenbedingt wurden die Fiskalregeln ausgesetzt bzw. die Notfallklausel aktiviert, ähnlich wie bei der Schuldenbremse. Daneben hat die EZB ein neues Anleihekaufprogramm aufgesetzt: das »Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP)«. Die EZB hat damit 71% aller während der Corona-Krise neu ausgegeben Staatsanleihen in die eigene Bilanz genommen. Damit hält sie die Zinsaufschläge auf Staatsanleihen in Schach und stellt sie sicher, dass Mitgliedsländer über den Verkauf von Staatsanleihen an den Kapitalmarkt die für die Krisenbewältigung benötigten Zentralbankguthaben zu verhältnismäßigen Konditionen erhalten. Die Renditen deutscher Anleihen sind sogar durch die Bank negativ. Das heißt: Die Banken, die dem Staat die Anleihen abkaufen, zahlen dem Staat beim Erwerb der Anleihe mehr Geld, als sie am Ende der Laufzeit zurückbekommen. Der Bund machte damit im Jahr 2020 rund 7,1 Mrd. Euro Zinsgewinne, wie die Kleine Anfrage (Drucksache 19/25152) ergab. Damit sind auch in der Eurozone derzeit, bildlich gesprochen, alle Ampeln für die fiskalische Krisenbewältigung auf Grün gestellt.
Das ist vor allem eine politische Frage: Mehr oder weniger Integration? Für beides ist die MMT-Perspektive hilfreich. Mehr Integration hieße eine europäische Fiskalpolitik mit europäischem Finanzminister zu erlauben. Ohne zusätzliche Integration sollten aber zumindest die Fiskalregeln gelockert werden und die EZB die Solvenz der Mitgliedsländer garantieren. In der Coronakrise war es gut, dass die EZB mit Anleihekaufprogrammen die Zinsaufschläge auf Staatsanleihen niedrig gehalten hat und die Kommission die Fiskalregeln ausgesetzt hat.
Für mehr siehe Mythos Geldknappheit Kapitel 3 oder diesen bzw. diesen Artikel
Inflation wird in der MMT – ähnlich wie bei den Post-Keynesianern – vor allem als Verteilungskonflikt verstanden. Wenn Unternehmen Preise erhöhen, dann mit dem Ziel ihr Stück vom Einkommens-Kuchen zu vergrößern. Das reduziert die Kaufkraft der Lohnbezieher und deren Stück vom Kuchen. Daraus kann sich eine Lohn-Preis-Spirale ergeben. Für die Finanzpolitik ist die Frage: Woher kommen die Funken, die die Lohn-Preis-Spirale (oder auch: Preis-Lohn-Spirale) entfachen. Hier unterscheidet auch die MMT kategorisch zwischen nachfrageseitig und angebotsseitig begründeter Inflation. Diese Unterscheidung ist wichtig, um das adäquate Mittel zur Bekämpfung der Inflation zu finden. Ohne präzise Diagnose, keine vernünftige Behandlung.
Nachfragebedingte Inflation bezieht sich auf die Situation, in der die Nachfrage schneller wächst, als die Produktionskapazitäten ausgeweitet werden können. Die Nachfrage wird dabei durch das Ausgabeverhalten aller wirtschaftlichen Akteure bestimmt. Egal ob es der Staat oder die Haushalte und Unternehmen ― aus dem In- oder Ausland ― sind, die ihre Ausgaben erhöhen, jede Ausgabenerhöhung trägt ein potenzielles Inflationsrisiko in sich. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung ist die nachfrageseitige Inflation seit Jahren weniger relevant als die angebotsseitige.
Bei der angebotsseitigen Inflation können Preiserhöhungen durch marktmächtige Wettbewerbsstellungen und damit verbundene Preissetzungsmacht oder durch höhere Produktionskosten begründet sein. Im ersten Fall versuchen Unternehmen ihre Profite zu steigern, im zweiten Fall geben sie gestiegene Stückkosten in Form höherer Preise an die Konsumenten weiter, um ihre Profite stabil zu halten. Dies wäre bspw. der Fall, wenn der Ölpreis steigt, die Stückkosten eines Nahrungsmittels sich wegen schlechten Ernteertrags erhöhen oder die Angestellten höhere Löhne durchsetzen.
Während für eine nachfrageseitige Überhitzung eine auslastungsorientierte Ausgabenplanung (ex-ante), eine Ausgabenkürzung (ex-post) oder die Wirkung automatischer Stabilisatoren (z.B. progressive Einkommenssteuer) geeignete Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung sein können, ist das für angebotsseitige Inflation nicht unbedingt der Fall. Hier braucht es andere Lösungen, wie z.B. industriepolitische Investitionen und Anreize, Wettbewerbsregulierung, Preiskontrollen oder Eingriffe in die Lohnpolitik.
Für mehr Infos siehe diesen Artikel oder Mythos Geldknappheit Kapitel 4.
Die lockere oder expansive Geldpolitik ist eine Folge davon, dass die Fiskalpolitik nicht genug Impulse gibt, um die Wirtschaften anzuschieben. Die Geldpolitik hat aber nicht die richtigen Instrument und nicht genug Wumms, um die Wirtschaft anzukurbeln, wenn die Fiskalpolitik im Koma liegt. Es wäre sinnvoll, die Fiskalpolitik zu stärken und die Geldpolitik auf den Beifahrersitz zu lassen.
Zur Geldpolitik siehe diesen Artikel. Zum Vergleich Geld- vs. Fiskalpolitik siehe Mythos Geldknappheit, Kapitel 14.
Nein. “MMT-Politik” gibt es nicht. MMT ist kein Reformvorschlag, sondern eine Linse. Aus Sicht der MMT war absehbar, dass QE nicht erfolgreich sein wird, um die Wirtschaft anzukurbeln. Dafür hätte es die Fiskalpolitik gebraucht. Viele Hoffnungen, die der Mainstream in QE gesetzt hat, basierten auf falschen Annahmen, etwa, dass Banken Zentralbankgeld weiterverliehen.
Siehe dazu auch diesen Artikel.
Arbeitslosigkeit – definiert als: Leute, die in staatlicher Währung bezahlte Arbeit suchen, aber keine finden – ist eine Verschwendung von produktiven Ressourcen, die zudem noch hohe ökonomische und soziale Kosten mit sich bringt. Die Verantwortung liegt letztlich beim Staat und seiner Wirtschaftspolitik. Die Marktwirtschaft kann alleine keine dauerhafte Vollbeschäftigung sicherstellen. Es braucht entsprechende Wirtschaftspolitik inklusiver einer staatlichen Jobgarantie.
Die Jobgarantie ist ein wirtschaftspolitisches Instrument zur Herstellung dauerhafter Vollbeschäftigung. Hierzu macht der Staat ein bedingungsloses Jobangebot an jeden und jede, der oder die in einem aufs Gemeinwohl ausgerichteten Job zu einem sozialverträglichen Lohn inklusive Sozialleistungen arbeiten möchte. Der Bund finanziert, die Gemeinde organisiert.
MMT beschreibt alle Währungsregime der Welt. Manche Länder sind dabei souveräner als andere. Letztlich hängt der Wohlstand eines Landes von den realen Ressourcen ab. Genauer gesagt: wie viele Ressourcen gibt es, wie produktiv sind sie und wie viele Ressourcen können importiert werden. Die Frage nach dem Währungsregime ist relevant dafür, wie groß der finanzielle Handlungsspielraum eines Staates ist, um die Ressourcen zu mobilisieren oder zu importieren. Diese Diagnose unterscheidet sich von Land zu Land und geht mit unterschiedlichen Entwicklungsempfehlungen einher.
Häufig kommt in diesem Zusammenhang die Frage auf, ob die Währungen von Entwicklungsländern, die eine Vollbeschäftigungspolitik verfolgen, nicht zwangsläufig abwerten würden.
Ja, Die Erkenntnisse der MMT sind relevant für eine Wirtschaftspolitik, die die ökologische Wende zum Ziel hat.
Siehe dazu etwa diesen und diesen Artikel sowie Mythos Geldknappheit, Kapitel 15.
Die Zentralbank ist eine öffentliche, aber technokratische Behörde mit einer klaren und eng definierten Aufgabenstellung. Sie soll mit ihrer Geldpolitik für Preisstabilität sorgen – in der Eurozone definiert als Inflation von 2%. Alles, was die Zentralbank in Sachen Geldpolitik macht, muss sie diesem Mandat unterordnen. Dabei darf sie die Geldpolitik allerdings eigenständig festlegen und umsetzen. Hier ist sie also unabhängig. Neben der Geldpolitik soll sie außerdem Großbanken beaufsichtigen und das reibungslose Funktionieren des Zahlungssystems verantworten. Allerdings ist sie dennoch weisungsgebunden, wenn der Finanzminister Ausgaben anweist. Sie darf nicht allein entscheiden, Zahlungen nicht auszuführen. Das entspricht nicht dem Mandat. Zudem ist sie in der Geldpolitik von der Fiskalpolitik abhängig.
Siehe zur Geldpolitik ausführlicher auch diesen Artikel.
Wechselkurse werden auf dem Devisenmarkt gebildet und kommen durch Angebot und Nachfrage nach den jeweiligen Währungen zustande. Nun ist es nicht so, dass die Preise, die auf Finanzmärkten zustande kommen, die Verhältnisse der realwirtschaftlichen Verhältnisse widerspiegeln und adäquate Preisinformationen produzieren. Der Großteil der Aktivitäten auf diesen Märkten von Finanztransaktionen hängen – wenn überhaupt – nur lose mit dem Welthandel zusammen. Vielmehr werden sie von casinoähnlichen Spekulationen und Herdenverhalten getrieben.
Der Finanzmarkt funktioniert gänzlich anders als ein Konsumgütermarkt. Steigt der Preis für Konsumgüter, etwa für Kartoffeln, sinkt üblicherweise die Nachfrage. Steigt aber der Preis für Finanzmarktprodukte wie Aktien oder Währungsderivate, interpretieren Spekulanten dies als Hinweis, dass es eine Preisrallye geben könnte, die sie natürlich nicht verpassen wollen. Das treibt die Nachfrage nach oben. Der Preismechanismus auf Finanzmärkten funktioniert also fundamental anders als auf Gütermärkten. Daher verwundert es wenig, dass es bisher kein ökonomisches Modell gibt, das die Veränderungen von Wechselkursen akkurat prognostizieren kann.
Zur Frage der Währungsabwertung als mögliches Gegenargument zu einer Vollbeschäftigungspolitik siehe diesen Artikel.
Auch hier liefert die MMT einen neuen Blickwinkel. Weg von der finanziellen und hin zur realen Ebene. Bisher werden Exportüberschüsse als Ausdruck guter Wirtschaftspolitik gesehen. Aber: Wenn wir uns den materiellen Wohlstand eines Landes als einen Stapel von Waren und Dienstleistungen vorstellen, dann besteht dieser Stapel aus allem, was im Inland produziert wird, plus allem, was aus dem Ausland importiert wird, minus allem, was in das Ausland exportiert wird.
Materieller Wohlstand = inländische Produktion + Importe – Exporte
Exporte machen den materiellen Stapel kleiner, Importe machen den Stapel größer. Ein Importüberschuss, also die Situation, in der die Importe größer als die Exporte sind, vergrößert daher netto den materiellen Wohlstand eines Landes. Umgekehrt reduziert ein Exportüberschuss den materiellen Wohlstand eines Landes. Das übliche Argument für einen Exportüberschuss ist, dass damit zusätzliche Jobs und Beschäftigung im Inland geschaffen werden. Wenn doch der originäre Zweck des Wirtschaftens ist, die Produkte und Dienstleistungen herzustellen, die wir als Gesellschaft konsumieren möchten, dann erscheint es irrational, Arbeit und Energie in die Produktion zu stecken, die letztlich exportiert wird und für die es gegenwärtig keinen Rückfluss an Gütern oder Dienstleistungen gibt. Der ultimative Zweck von Exporten, aus rein ökonomischer Perspektive, ist die Beschaffung von Importen. Ein Land vergrößert seinen Reichtum, wenn es für seine Exporte mehr Importe erhält – also das Austauschverhältnis realer Güter verbessert (»real terms of trade«). Ein Exportüberschuss verschlechtert das Austauschverhältnis dadurch, dass – per saldo – nicht Güter gegen Güter, sondern Güter gegen Geld getauscht werden. In diesem Prozess häuft das Exportland die Währungsdevisen des Importlandes an. Das Anhäufen von Fremdwährungsdevisen vergrößert aber nicht den materiellen Wohlstand, es sei denn, die angehäuften Fremdwährungsdevisen werden ausgegeben, um Importe zu kaufen, womit wir wieder beim originären Zweck der Exporte, nämlich der Beschaffung von Importen, wären. Was in diesem Kontext auch oftmals missachtet wird, ist der logische Zusammenhang, dass die Exporte des einen Landes den Importen eines anderen Landes entsprechen. Die Handelsbilanz der Welt, solange wir keine Geschäftsbeziehungen mit anderen Planeten unterhalten, ist also immer ausgeglichen. Nicht jedes Land kann Netto-Exporteur und nicht jedes Land kann Netto-Importeur werden.
Für mehr siehe den Udemy Kurs MMT für Einsteiger.
Die Frage muss politisch beantwortet werden. Da gibt es nicht die eine MMT-Antwort drauf.
Der Staat hat ein Versorgungsproblem. Er braucht private Ressourcen, um seine Aufgaben zu erfüllen. Heißt etwa Leute, die als Lehrer, Polizisten und Straßenbauer für den Staat arbeiten. Indem er seiner Bevölkerung eine Steuerpflicht in eigener Währung auferlegt, sorgt er dafür, dass Leute dem Staat ihre Arbeitskraft anbieten, etwa als Lehrer, Polizisten oder Straßenbauer, um ein Einkommen in der Währung verdienen, mit der sie ihre Steuerpflicht beim Staat erfüllen können. Machen sie dies nicht, sanktioniert der Staat über Strafen. Das private Angebot an Arbeitskraft kann der Staat mit seiner Währung kaufen und so Lehrer, Polizisten und Straßenbauer bezahlen, die die öffentliche Daseinsvorsorge eines demokratisch legitimierten Staates erfüllen.
Geld ist wohl die wichtigste Institution in einer modernen, monetären und arbeitsteiligen Wirtschaft. Geld ist Ausgangs- und Endpunkt der Produktion von Waren. Es bestimmt, was produziert und wie es verteilt wird. Geld ist keine Sache, sondern ein soziales Konstrukt. Ein Schuldschein. Die Form des Geldes – ob Kerbhölzer, Gold, Silber, Wechselbriefe, Münzen oder elektronische Datenbankeinträge – ist dabei nebensächlich. Es bescheinigt ein Schuldverhältnis und drückt somit die Beziehung zwischen zwei Parteien aus. Dabei stehen sich die Partei, die etwas schuldet, und die Partei, die etwas bekommt, gegenüber. Es gibt keinen Gläubiger ohne Schuldner ― und andersherum. Die Schuld des Gläubigers entspricht in der Höhe logischerweise 1:1 der Forderung des Gläubigers. Es sind zwei Seiten einer Medaille. Der bedauernswerterweise jüngst verstorben David Graeber zeigt in seinem Buch „Schulden: Die ersten 5000 Jahre“, dass Schuldbeziehungen seit jeher festgehalten wurden ― noch bevor das Konzept von Geld geläufig war.
Siehe dazu auch diesen Text.
Ja, etwa wenn sie einen Kredit vergeben oder Wertpapiere ankaufen. Geld ist aber nicht gleich Geld. Wir haben ein zweistufiges Geldsystem: Das Zentralbankgeld und das Giralgeld. Banken können Giralgeld (Kontoguthaben bei Banken) erzeugen, aber kein Zentralbankgeld. Bei Giralgeld handelt es sich um in staatlicher Währung denominierte Zahlungsversprechen. In der MMT wird auf die Theorie der sog. endogenen Geldschöpfung durch Banken zurückgegriffen.
Siehe auch: Mythos Geldknappheit, Kapitel 1 und 13. Zur Bankenreform aus MMT-Perspektive siehe diesen Artikel.
Eine große Bedeutung, da man damit von einem festen Wechselkursregime zu einem flexiblen Wechselkursregime gewechselt ist. Während ein Staat zwar unbegrenzt seine eigene Währung schöpfen kann, gilt dies gewiss nicht für ausländische Währungen und schon gar nicht für Edelmetalle, die ein Staat in einem festen Wechselkursregime zu einem festen Wechselkurs einzutauschen verspricht. Sollte der Staat die im Umlauf befindliche, in eigener Währung lautende Geldmenge nicht mit ausländischer Währung (oder Edelmetallen) decken können, kann er in die Situation geraten, dass zu viele Akteure gleichzeitig den versprochenen Umtausch fordern und der fixe Wechselkurs aufgegeben werden muss. Sofern das Einhalten des fixen Wechselkurses politische Priorität genießt, ist ein Staat in seiner Handlungsfähigkeit eingeschränkt.